Sichtprüfung von großen Hubkolbenmotoren mit einem Videoskop

Große Hubkolben-Verbrennungsmotoren werden in vielen Industriezweigen häufig zur Stromerzeugung oder zum Antrieb mechanischer Geräte, wie z. B. Propellerwellen und Pumpen, eingesetzt. Das Funktionsprinzip dieser Motoren ist das gleiche wie das von herkömmlichen Verbrennungsmotoren für Kraftfahrzeuge, allerdings in einem viel größeren Maßstab. Der folgende Artikel handelt von Zustandsüberwachungsmethoden für Hubkolben-Verbrennungsmotoren und dem Einsatz von Endoskopen. Zudem werden praktische Empfehlungen und Tipps zur Problembehandlung gegeben, um von dieser Art Prüfung am meisten zu profitieren.

Abbildung 1: Hubkolben-Verbrennungsmotoren

Um große Motoren effizient zu betreiben und zu warten, ist es notwendig, den Zustand ihrer Komponenten zu kennen. Dies wird mithilfe verschiedener Zustandsüberwachungsmethoden (Condition Monitoring, CM) erreicht. Mit jeder Methode wird eine Information über den Motor erhalten. Diese Liste enthält die am häufigsten verwendeten Zustandsüberwachungsmethoden für die Sichtprüfung von Hubkolben-Verbrennungsmotoren:

• Instrumentierung: Kontinuierliche Überwachung der Messwerte von Motorsensoren, wie Temperatur, Druck, Vibration, Abgaszusammensetzung usw.
• Altölanalyse: Regelmäßige Entnahme und Laboranalyse von Ölproben, die eine Verschlechterung des Öls oder das Vorhandensein von Partikeln durch mögliche Verunreinigungen, Verschleiß oder Beschädigungen erkennen lassen.
• Sichtprüfung mit einem Endoskop: Sichtprüfung von Teilen im Motor, bei der keine oder nur wenige Teile demontiert werden müssen.
• Zerlegen/Demontage: Auseinanderbauen von Teilen oder des gesamten Motors zur Prüfung, Überholung oder zum Austausch von Komponenten.

Instrumentierung und Altölanalyse sind nicht invasive Methoden, die den Betrieb des Hubkolben-Verbrennungsmotors nicht unterbrechen und allgemein als erster Schritt bei der Zustandsüberwachung angesehen werden. Da diese Methoden jedoch nur begrenzt Informationen liefern, kann eine regelmäßige Sichtprüfung mit einem Endoskop erforderlich sein, entweder als Teil einer vorbeugenden Wartungsstrategie oder als Hilfsmittel bei der reaktiven Wartung. Hauptsächlich wird bei der Sichtprüfung mit einem Videoskop eines Hubkolben-Verbrennungsmotors der Verbrennungsraum, auch als Zylinder bezeichnet, geprüft. Die Komponenten rund um den Brennraum sind hohem Druck und hohen Temperaturen ausgesetzt und müssen daher auf Beschädigungen und Verschleiß überprüft werden. Neben dem Zylinder können auch andere Motorteile mit dem Endoskop geprüft werden, wie Wassermantel, Ölkanäle, Ölwanne, Turbolader, Kühl- und Lüftungssysteme und Lichtmaschine.

Abbildung 2: Darstellung der Verbrennungsräume (Zylinder)

Endoskopie – eine Technologie mit Tradition

Hubkolbenmotoren gibt es seit Anfang des 20. Jahrhunderts, und eine der ersten Endoskopanwendungen war die Sichtprüfung dieser Motoren. Der erste industrietauglichen Endoskoptyp war das starre Endoskop, gefolgt vom flexiblen Glasfaser-Endoskop. Heutzutage sind Videoskope aufgrund ihrer Vielseitigkeit, Bedienerfreundlichkeit und Bild- und Videoaufnahme die Endoskope der Wahl für die Sichtprüfung. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Merkmale jedes dieser Systeme. Auch wenn starre Endoskope und Glasfaser-Endoskope nach wie vor eingesetzt werden, handelt dieser Artikel aufgrund ihrer weit verbreiteten Verwendung von Videoskopen.

Tabelle 1: Hauptmerkmale von starren Endoskopen, Glasfaser-Endoskopen und Videoskopen im Vergleich

Wie der Tabelle 1 zu entnehmen ist, haben Videoskope erhebliche technische Vorteile gegenüber starren Endoskopen und Glasfaser-Endoskopen. Eine Sichtprüfung mit einem Videoskop verläuft schneller (da für die Erfassung klarer Bilder weniger Teile befestigt und weniger Einstellungen vorgenommen werden müssen) und liefert einen besseren Output zur Berichterstellung, da Bilder und Videos einfach aufgezeichnet werden können.

Für die Prüfung von Hubkolben-Verbrennungsmotoren wird das IPLEX G Lite und IPLEX GT Videoskop des Evident Portfolios für die Sichtprüfung empfohlen. Mit beiden Videoskopen können qualitativ hochwertige Bilder erzeugt werden, die eine Bewertung der Komponenten und Berichterstellung ermöglichen.

Auswahl der richtigen Konfiguration

• Einführungsteil mit einer Länge von 2,01 m
• Einführungsteilspitze mit einem Durchmesser von 6 mm
• Zwei Einführungsteilspitze:
  • Eine Spitze an der Seite für den Fernfokus (AT120S/FF) für einen ersten Überblick über den Zylinder
  • Eine nach vorne gerichtete Spitze für den Nahfokus (AT120D/NF) zur umfassenden Prüfung

Abbildung 3: Starre Hülse und Abwinklung

Zylinderprüfung 101 – Empfehlungen

Vorbereiten des Videoskops

• Überprüfen Sie vor dem Einführen des Einführungsteils, ob Sie die richtige optische Spitze für die Prüfung verwenden und stellen Sie sicher, dass die optische Spitze und das distale Ende sauber sind.

Einführen des Einführungsteils in den Zylinder

• Beim Einführen des Einführungsteils durch die Zugangsöffnung wird empfohlen die starre Hülse zu verwenden (siehe Abbildung 3). So bleibt das Einführungsteil geschützt und das Risiko einer Ölverunreinigung und einer Beschädigung der Spitze kann verringert werden. Dank der starren Hülse muss die Spitze nicht gehalten werden, was die Bildstabilität verbessert und das Risiko eines Kontakts mit den Innenflächen des Zylinders verringert.
• Ist die Spitze in das Innere eingeführt, wird die Sonde in die 12-Uhr-Position oben auf dem Bildschirmbild gedreht, um Bilder mit einer wiederholbaren Ausrichtung aufzunehmen.
• Sehr häufig kann die Richtung des Zylinders bestimmt werden, indem der Kolbenboden (Oberseite des Kolbens) betrachtet wird, der bestimmte Merkmale oder Markierungen aufweist, die von der Richtung abhängen.

Positionierung des Kolbens

• Bei der Zylinderprüfung muss sich der Kolben ganz unten im Zylinder (unten in der Mitte) befinden. So kann die größte Ausdehnung der Zylinderwand bildlich erfasst werden.
• Das Positionieren eines Kolben ganz unten wird während des Bewegens des Motors von Hand am Videoskop-Bildschirm verfolgt, bis sich der Kolben an der richtigen Position befindet.
• Um die Effizienz der Prüfung zu erhöhen, kann die Prüfung entsprechend der Zündfolge durchgeführt werden, da die Kolbenpositionen synchronisiert sind.
• Unter Verwendung der IPLEX Image Share App kann die Kolbenposition beim Durchdrehen des Motors visualisiert werden.

Sichtprüfung

• Wenn der Kolben richtig positioniert ist, die Prüfung fortgesetzt werden.
• Wir empfehlen eine allgemeine Prüfung mit einer optischen Spitze für die Seitenansicht (rechter Winkel) durchzuführen, mit der der Prüfer einen Überblick über die Zylinderwände, den Kolben, den Ventilteller und die Ventile erhalten (siehe Abbildung 4).
• Für eine umfassendere Prüfung kann eine Spitze zur Direktansicht verwendet werden, die die Prüfstelle aus der Nähe prüfen kann.
• Für eine erleichterte Verwaltung der aufgenommenen Bilder lassen sich die Bilder jedes Zylinders in einem separaten Ordner auf einem Speichermedium speichern. So können die einzelnen Bilddateien entsprechend dem Ordnernamen benannt werden, was die Dateiverwaltung und die Berichterstellung erleichtert.
• Je nach Bedarf können Bilder oder Videos aufgenommen werden.

Entfernen der Spitze

• Nach Beendigung der Prüfung eines Zylinders, wird die Abwinklung der Spitze entsperrt (zu Erkennen an dem Schlosssymbol auf dem Bildschirm des Videoskops; die Abwinklung ist eingeführt).
• Dann wird die Spitze aus dem Zylinder entfernt.
• Anschließend werden die starre Hülse und die Abwinklung in den nächsten zu prüfenden Kolben eingeführt.

Abbildung 4: Schema zur Verwendung einer Spitze für die Seitenansicht, um einen Überblick über den Zylinder zu gewinnen.

Problembehandlung

Sichtprüfung von großen Hubkolbenmotoren mit einem Videoskop

Fazit

Videoskope (auch bekannt als Videoendoskope) sind ein hervorragendes Werkzeug für die Sichtprüfung von Hubkolbenmotoren. Wir empfehlen hierfür entweder das IPLEX G Lite oder das IPLEX GT Videoboreskop. Mit der Einhaltung der in diesem Anwendungshinweis beschriebenen Best Practices können Prüfer effiziente Prüfungen durchführen und qualitativ hochwertige Bilder aufnehmen. So kann der Zustand von Motorkomponenten schnell und effizient diagnostiziert und beurteilt werden, ohne diese Systeme erweitern zu müssen, was die Wartungskosten senkt.
Wenn Sie mehr über unsere Videoskop-Produktpalette erfahren oder eine Prpduktvorführung anfragen möchten, kontaktieren Sie uns.

Weitere Informationsmaterialien

• Webinar: Sichtprüfung von Diesel- und Gasgeneratoren mit Videoskopen
• Webinar: Wartung, Pflege und Problembehandlung von Videoskopen
• Broschüre: IPLEX G Lite
• Broschüre: IPLEX GT